Drug Checking – Legale Tests für illegale Drogen

Shownotes

Gibt es risikoarmen Konsum? Bei Rauschzeit sind heute Ewald Lochner, Koordinator für Psychiatrie, Sucht- und Drogenfragen der Stadt Wien, und Katharina Sturm, Leiterin der checkit!-Homebase zu Gast. Gemeinsam sprechen wir offen über Risikokompetenz, Drug Checking-Angebote und die Gefahren von Mischkonsum. Außerdem erfahren wir, wie Psychiatrie, Sucht- und Drogenfragen zusammenhängen. Welche Aufgaben hat ein Koordinator? Und was ist eigentliche eine Homebase?

Links zur Folge:

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Produktion und Redaktion: Sucht- und Drogenkoordination Wien
Jingle und Musik: Alfred Peherstorfer

Transkript anzeigen

00:00:00: Alexandra: Hallo. Es ist wieder so weit. Rauschzeit. Wir sprechen offen über Substanzen, Konsum und psychische Gesundheit. Gemeinsam mit Menschen, die sich auskennen. Wir wollen uns informieren und Vorurteile abbauen. Und wir sind uns sicher, dass wir damit nicht alleine sind. Heute mit mir Viki. Und mit mir Moritz.

00:00:19: Viki: Heute mit mir, Viki.

00:00:20: Moritz: Und mit mir, Moritz.

00:00:27: Alexandra: Wir sprechen heute auch über Themen, die von manchen Menschen als belastend empfunden werden. Mehr Infos zu dieser Folge findest du in den Shownotes. Wenn du dir unsicher bist, höre sie ein anderes Mal oder nicht alleine.

00:00:41: Viki: Heute reden wir mit Ewald Lochner, dem Koordinator für Psychiatrie, Sucht und Drogenfragen der Stadt Wien und Katharina Sturm, der Leiterin der Checkit!-Homebase über unsere Fragen rund um Substanzkonsum. Wir kennen Checkit! ja von unserer Arbeit bei Rauschzeit. Aber wie ist dieses Angebot eigentlich entstanden? Was macht ein Koordinator für Psychiatrie, Sucht und Drogenfragen? Und was ist eigentlich eine Homebase?

00:01:06: Moritz: Im Podcast und mit unserem Umfeld wollen wir informiert über Konsum sprechen können, ohne Vorurteile oder Mythen zu reproduzieren. Wir interessieren uns dafür, wie die aktuelle Situation für junge Menschen in Wien ist und welche Angebote zur Risikominimierung es gibt. Hallo Ewald, Hallo Kathi, schön, dass ihr heute hier seids. Ich würde jetzt gleich einfach mal mit meiner ersten Frage starten und zwar direkt an dich, Ewald, Berufsbezeichnung ist Koordinator für Psychiatrie, Sucht und Drogenfragen der Stadt Wien. Was machst du?

00:01:34: Ewald: Es ist eine gute Frage. Was macht diese Funktion? Gedacht ist sie als eine Nahtstellen-Funktion zwischen Politik und Expert*innen und Behandler*innen bzw alles was damit auch in Zusammenhang steht. Bis 2018, bis ich eben diese Funktion inne haben durfte, gab es einen Koordinator für Sucht- und Drogenfragen und man hat sich dann entschieden, dass das geschickt ist, das möglicherweise zusammenzulegen, weil grundsätzlich Sucht eine psychische Erkrankung ist.Daher sollte man es zusammenlegen. Außerdem hat da dann auch schon begonnen der Ausbau der Versorgung von Menschen mit psychischen Erkrankungen. Mein Hauptaufgabengebiet besteht darin, einfach sicherzustellen, dass Angebote und zwar unterschiedlich, ob die jetzt im Bereich der Prävention, ob die in der Behandlung sind, ob die den öffentlichen Raum betreffen, all das, was die Stadt halt in dem Bereich psychische Erkrankungen inklusive Sucht betrifft, da zu schauen, dass diese Angebote ausreichend da sind, dass sie möglichst innovativ da sind, eben versuchen, auch der Politik immer wieder nahe zu legen, was ist da jetzt klug zu machen und was nicht und letztlich dann aber auch gegenüber der Politik die Verantwortung zu übernehmen für das, was dann passiert.

00:02:36: Ewald: Zusätzlich darf ich auch noch die Funktion als Geschäftsführer im Bereich der Psychosozialen Dienste Wien und der Sucht- und Drogenkoordination Wien haben, das heißt dahinter liegt, eben nicht nur eine koordinierende Funktion, sondern tatsächlich auch eine Geschäftsführungsfunktion, die mit Geld, Vergabe und Mittelvergabe etc. verbunden ist. Eines meiner Hauptaufgabengebiete ist sicher, und so steht das auch in dem Erlass, die Umsetzung des psychiatrischen, psychosomatischen Versorgungsplans. Das ist etwas, wo man sich als Stadt entschieden hat, bereits im Jahr 2016 ein sehr großes strategisches Konzept in Auftrag zu geben. Und das wird jetzt sukzessive umgesetzt. Und das ist eine meiner Hauptaufgaben.

00:03:10: Moritz: Ja, das waren jetzt super viele Infos. Kannst du mir das vielleicht in zwei kurz-knackigen Sätzen nochmal sagen?

00:03:17: Ewald: Ich werde mich bemühen. Mein Job ist es, dass es in Wien ausreichend Angebote für den Bereich von psychischen Erkrankungen gibt.

00:03:24: Ewald: Das ist das Wichtigste. Und da immer wieder zu schauen und mit der Politik zu reden, dass ausreichend Mittel dafür zur Verfügung stehen.

00:03:41: Viki: Passt eh gleich gut dazu. Also checkit! ist ja eines der Angebote und da gibt es eben die Homebase von checkit!. Kathi Magst du vielleicht mal für unsere Zuhörerinnen und Zuhörer erklären: Was kann man sich vorstellen unter dieser Homepage? Und auch: Was ist deine Funktion als Leitung?

00:03:44: Katharina: Also Homebase ist der Name von unserer Beratungsstelle. Das heißt, wir haben direkt in Wien in der Gumpendorferstraße eine Beratungsstelle, wo man vorbeikommen kann und verschiedene Angebote von uns nutzen kann. Und als Teamleitung der Homebase, da bin ich dafür zuständig, dass die Angebote, die wir direkt vor Ort haben, auch umgesetzt werden.

00:04:01: Katharina: Mir anzuschauen: Wie funktioniert das, Was braucht es - gerade – ich sag deswegen vor Ort, weil wir ja auch auf Events unterwegs sind. Und da gibt es noch mal eine andere Leitung dafür.

00:04:10: Viki: Wer ist das so eure Zielgruppe? Also wer kommt zu checkit! oder wofür?

00:04:15: Katharina: Zielgruppe sind alle Personen, die sich für Substanzen interessieren, egal ob sie aktuell konsumieren oder nicht, oder ob sie vorhaben zu konsumieren oder ob vielleicht jemand im Umfeld konsumiert. Das heißt, alle Personen, die irgendwie Fragen rund um die Themen Substanzen Konsum haben, können sich an uns wenden. Und das alles ist anonym möglich und auch vertraulich. Das heißt, wir sind gesetzlich zu Verschwiegenheit auch verpflichtet und alle Angebote sind außerdem kostenlos.

00:04:38: Moritz: Ihr bietet ja auch Drugchecking an, wie kann ich mir das vorstellen? Also wie genau läuft das ab?

00:04:44: Katharina: Also Drugchecking ist die chemische Analyse von Substanzen, die man am Schwarzmarkt gekauft hat. Wenn man am Schwarzmarkt etwas einkauft, weiß man in Wirklichkeit nie, was da wirklich drinnen ist. Und deswegen gibt es unser Angebot, damit man einmal herausfinden kann: Was konsumiere ich denn da überhaupt? Oder was habe ich überhaupt vor zu konsumieren? Zum Ablauf: Es gibt drei verschiedene Möglichkeiten, wie man Substanzen testen lassen kann.Ungefähr einmal pro Monat sind wir direkt auf Events unterwegs, wo wir direkt vor Ort diese Analysen durchführen. Oder man kann es bei uns in der Homebase abgeben oder über aktuell drei Apotheken in Wien, mit denen wir zusammenarbeiten, wo eine Abgabestelle ist. Das Ganze funktioniert so, also wenn man jetzt zum Beispiel bei uns oder auf einem Event ist, bringt man eine ganz kleine Menge von der Substanz, gibt die bei uns ab, wir registrieren die, man bekommt eine Probennummer und das Ganze wird dann analysiert.

00:05:27: Katharina: Die Analyse findet direkt im AKH statt. Und zwar haben wir da eine enge Kooperation mit dem Klinischen Institut für medizinisch-chemische Laboranalytik. Wir verbinden da vier verschiedene Analytikmethoden, die eine möglichst genaue Aufschlüsselung dieser Probe dann auch ermöglichen. Und dieses Ergebnis bekommen dann unsere Berater und Beraterinnen. Und über die Berater und Beraterinnen, die bei checkit! angestellt sind, bekommt man dann auch, bekommt die Person, die die Probe abgegeben hat, ihr Ergebnis. Das heißt, man kann auch jedes Mal, wenn man das Ergebnis abfragt, gleich Fragen stellen, Informationen dazu bekommen oder auch eine Beratung nutzen, wenn man das möchte.

00:06:15: Moritz: Das heißt, ich weiß dann genau, was in meiner Substanz drinnen ist, also keine Ahnung, wenn ich das jetzt als Koks abgegeben habe, ob wirklich Koks drinnen ist Wird auch auf so Streckstoffe oder solche Sachen gecheckt und gibt es dann auch Warnungen dafür?

00:06:17: Katharina: Also wir analysieren alle Substanzen, die pharmakologisch oder psychoaktiv wirksam sind. Unwirksame Streckstoffe geben wir nicht aus, aber man weiß alles, was irgendwie eine Wirkung auf den Körper hätte, das können wir erkennen. Bzw. manchmal gibt es auch Substanzen, die wir nicht identifizieren können. Das heißt, wir können nicht genau sagen, was das ist, aber wir wissen okay, das hätte jetzt irgendeine Wirkung auf deinen Körper.

00:06:38: Katharina: Wir geben das dann als unbekannte Substanz aus. Und das ist auch in dem Fall zum Beispiel eine Warnung, weil wir halt auch nicht abschätzen können, was für ein Risiko das ist. Das heißt, wenn das jetzt keine der Substanzen ist, die wir schon kennen und das sind mehrere 1000, die wir irgendwie erkennen können, dann ist es schon mal sehr risikoreich, das jetzt zu konsumieren. Und da raten wir auch davon ab. Genau.

00:06:55: Katharina: Und die Warnung bekommt die Person natürlich selbst, die die Probe abgegeben hat. Aber je nachdem, was das auch für eine Substanz ist und je nachdem, wie man das jetzt einschätzen würde, die Gefahr, wenn man das konsumieren würde, gibt es auch Möglichkeiten im Hintergrund, diese Informationen weiterzugeben, zum Beispiel an Spitäler oder eventuell an die Öffentlichkeit.

00:07:15: Ewald: Da gibt es, wenn ich da vielleicht einhaken darf, da gibt es das sogenannte Early Warning System, das ist ganz europaweit, die beschäftigt sich damit, was in Europa an Substanzen am Markt ist und checkit! war eine der ersten Einrichtungen, ist es immer noch, die dort auch einmeldet. Über dieses Warning System wird dann eben auch, werden diese Substanzen auch, oder wird verteilt an unterschiedliche Player*innen oder Stakeholder*innen in dem ganzen Sucht und Drogenberatungsbereich, national also österreichweit, aber eben auch europaweit.

00:07:39: Ewald: Und das ist eine ganz wichtige Sache, weil man damit auch erkennen kann, welche Trends sind da jetzt gerade und wohin verlagern sich Trends und wie passieren die gerade?

00:07:47: Viki: Das wollte ich euch eh auch fragen. Also wir haben so das Gefühl, wir sind ja oft im öffentlichen Raum unterwegs, wenn wir unsere Einsätze mit Rauschzeit, machen, dass checkit! ziemlich bekannt ist.

00:07:55: Viki: Also den Name kennen die meisten jungen Menschen oder Jugendliche und haben schon mal gehört und es kommt auch ziemlich gut an, also es finden alle relativ cool, dass das Angebot gibt. Wir natürlich auch, aber wir schauen das aus, wenn man österreichweit blickt oder vielleicht im EU Kontext. Wie gehen da andere Länder oder andere Städte damit um. Gibt es da so ein System öfter oder nicht so wirklich?

00:08:16: Ewald: Ich fange mal an, vielleicht wenn du dann das ein bisschen näher machst. Aber es ist so Ich war jetzt gerade auf einem Kongress in München, wo beispielsweise wieder drüber diskutiert worden ist, ob Drug Checking tatsächlich für unter 18-jährige geeignet ist. Warum sage ich das jetzt? Nicht weil die so böse sind oder sonst was, sondern da merkt man, dass es in unterschiedlichen Städten, in unterschiedlichen Ländern, ganz unterschiedliche Ansätze gibt dazu.

00:08:36: Ewald: Wir haben das in Wien nicht, wir sagen in Wien: Checkit! oder Drug checking ist ein niederschwelliger Ansatz. Das heißt, das soll für alle, die das brauchen, ganz einfach erreichbar sein. Und da ist auch das Alter irrelevant. Deswegen machen wir das auch anonym. Es ist auch irrelevant, woher du kommst. Egal, das alles. Du musst doch nicht aus Wien kommen, wenn du das machst. Du kannst auch aus einem anderen Bundesland, aus einem anderen Land kommen. In Österreich gibt es mittlerweile ein paar Drug Checkings, immer in den Städten. Also es gibt in Graz eines, es gibt in Innsbruck eines, also, es fängt jetzt an herum zu werden. Es ist im deutschsprachigen Raum eher auch in Norddeutschland mehr vertreten. Also Berlin hat‘s zum Beispiel und es hat auch Hamburg und Hamburg überlegt sich jetzt überhaupt einen Ausbau in dem Bereich, wir haben gerade eine Städtepartnerschaft, Wien mit Hamburg dürfte ich grad abschließen. Das ist eine ganz spannende Sache, auch sich das anzuschauen. Aber grundsätzlich ist das sehr, sehr unterschiedlich, wie das wahrgenommen wird und, vielleicht zum ein Bisschen politisch zu erklären, es gibt immer noch Menschen und das sind auch bei uns in Österreich, und das ist gerade jetzt immer noch der Teil der Bundesregierung, der meistens im Innenministerium sitzt, die meinen, dass das Drug Checking eher die Menschen zum Drogen nehmen animiert bzw. dass es auch etwas ist, wo man sagt okay, das wird gesehen als ein Qualitätslabel.

00:09:46: Ewald: Also wenn jemand dann irgendwie sagt okay, ich hab meine Sachen von Checkit! checken lassen, was da drinnen ist, dass man dann sagt, das hat eine gute Qualität und deswegen darf man den Rückschluss ziehen, dass alles, das dort gekauft wird, gut ist. Das ist natürlich Unsinn. Das kann natürlich nicht stimmen, weil es wird immer genau diese eine Probe analysiert und die Aussage betrifft immer nur diese eine Probe.

00:10:04: Ewald: Aber es gehen halt da die Geister sehr weit auseinander. Wir als Stadt Wien sind hundert-prozentig davon überzeugt - oder: Drogenpolitisch ist es sicher auch der einzig richtige Weg, einfach Druckcheching anzubieten und das möglichst flächendeckend anzubieten, weil man damit verhindert, dass Menschen Dinge konsumieren, die sie nicht konsumieren wollen oder sollen. Und das ist einer der ersten Wege, wie Menschen oder Konsument*innen einfach einen Kontakt bekommen zu einem System, das eher Hilfe leistet, denn irgendwie ihnen schaden möchte.

00:10:32: Katharina: Ich glaube, da hätte ich jetzt gar nicht so viel zu ergänzen, oder? Also ja, innerhalb von Österreich arbeiten wir auch sehr eng zusammen. Wir haben seit vielen Jahren mit Innsbruck eine Kooperation. Das ist die Ost-West-Kooperation zum Beispiel, wo wir unsere Daten miteinander vergleichen, unsere Trends vergleichen und uns auch anschauen, okay, was passiert gerade in Innsbruck, was sehen wir bei uns? Gibt es da irgendetwas, was gemeinsam auffällt? Genau. Seit ein bisschen über einem Jahr gibt es das auch in Graz und das sind jetzt auch gerade mit den Kolleginnen in Graz im Austausch. Genau. Und auch in Bregenz gibt es jetzt seit Kurzem die Möglichkeit, Drugchecking zu nutzen.

00:11:19: Ewald: Insgesamt, ist vielleicht auch noch dazu zu sagen, dass Drugchecking einer der Wege ist, wie man im Rahmen der Sucht- und Drogenpolitik erkennt, welche Substanzen jetzt gerade am Markt sind und welche Substanzen konsumiert werden. Dazu gehört genauso noch Abwasseranalysen, die wir in Wien auch noch sehr engmaschig durchführen, um uns das anzuschauen. Es gehört genauso dazu, beim intravenösen Drogenkonsum zu schauen, was ist in den Spritzen noch drinnen? Das wird auch einmal im Jahr analysiert und angeschaut. Was ist da genau drinnen? Und natürlich die enge Kooperation mit der Polizei, um zu schauen, wie schon die Sicherstellungen von den Substanzen aus.

00:11:39: Ewald: Diese vier Dinge, die ich jetzt aufgezählt hab, gibt uns einen sehr guten Überblick, dass wir wissen, was ist denn jetzt gerade in Wien oder in Österreich gerade am Markt? Wie entwickelt sich das? Und daher: Welche Maßnahmen müssten wir gegebenenfalls setzen?

00:11:51: Moritz: Das heißt, ich kann also so sagen: Wenn ich weiß, was in meiner Substanz drinnen ist und wie stark das ist, dann kann ich risikoärmer konsumieren. Zu meiner Frage: Gibt es so etwas wie risikofreien Konsum Bzw. Gibt es risikoärmere Substanzen als andere und kann man ohne Risiko überhaupt konsumieren?

00:12:13: Katharina: Ein Risiko gibt es immer beim Konsum. Das kann man nie komplett eliminieren, auch wenn man weiß, was drinnen ist, auch wenn man sich gut darauf vorbereitet. Auch wenn man wenig nimmt, was tatsächlich im Körper passiert, ist von sehr, sehr vielen Faktoren abhängig.Und die kann man nie 100 % voraussagen. Da spielen viele Faktoren eine Rolle. Da sprechen wir von Set, Setting und Substanz. Also Substanz ist einfach die Substanz selber, die man konsumiert, die gewisse Risiken hat. Da kann man sich natürlich vorher informieren, wie wirkt das, wie kann man es möglichst risikoarm konsumieren? Wie lange wirkt die Substanz und solche Sachen. Man kann möglichst wenig nehmen und einmal die Wirkung abwarten. Auch dann reduziert man viele Risiken. Und dann noch zum Setting und auch zum Set. Also Setting ist einfach das, wo ich mich gerade befinde und auch mit wem ich mich befinde. Da kann man die Risiken reduzieren, indem man sich zum Beispiel mit Menschen umgibt, die man kennt oder denen man vertraut. Oder das man in einer Umgebung ist, wo man sich wohlfühlt und wo man sich vielleicht auskennt.

00:13:10: Katharina: Und das Set ist einfach die Person selbst. Das sind sowohl körperlich als auch psychische Verfassung. Wie geht es mir gerade gesundheitlich? Wie geht es mir psychisch gerade? Und da kann man natürlich auch das Risiko reduzieren, indem man einfach nur dann konsumiert, wenn es einem gerade gut geht und man sich wohlfühlt. Und all diese Faktoren, sei es jetzt, also bei den körperlichen Faktoren, spielt auch zum Beispiel der Stoffwechsel, das Geschlecht, Gewicht, der Zyklus eine Rolle. Das sind so viele Faktoren, die man nie 100% einschätzen kann und dementsprechend kann man noch nie wirklich wissen, was jetzt konkret passiert. Aber man kann sich gut darauf vorbereiten und so möglichst risikoarm konsumieren.

00:14:01: Ewald: Auf deine Frage nochmal einzugehen: Wenn du das machst, wenn du deine Substanzen analysieren lässt, was hast du? Du hast Risikokompetenz oder du beweist Risikokompetenz. Und das ist einer der ersten Wege, die wir versuchen, auch schon angefangen, wirklich von der Elementarpädagogik bis hin weiter dann in weitere Schulstufen, den Kindern und Jugendlichen zu vermitteln, nämlich Risikokompetenz im Umgang mit jeder Substanz. Das trifft ein bisschen auch deine Frage auf die Substanzen hin. Nein, es gibt keine harmlosen Substanzen. Nein, Nikotin ist nicht harmlos. Alkohol ist nicht harmlos. Das eine ist per Gesetz legal, das andere ist per Gesetz illegal. Und Sucht hat nie nur einen Faktor Substanz, sondern Sucht und die Entwicklung von Sucht hat immer einen multikausalen Zusammenhang oder eben auch aus unterschiedlichsten Bereichen, die da aufeinander wirken. Beispielsweise wenn man sich die Substanz alleine anschaut, ist Nikotin mindestens so suchterzeugend wie Heroin, wenn man sich nur die Substanz anschaut. Es ist daher auch kein Vergleich mehr. Es gibt doch diese Vergleiche von harten und weichen Drogen.

00:14:51: Ewald: Das ist ein Konzept der 1990er Jahre. Da waren wir entweder noch nicht geboren oder noch sehr jung und, daher, das hat heute nichts mehr zu tun. Man weiß, dass das jetzt anders ist. Das funktioniert anders. Und erstens Konsum und damit auch aus dem Konsum, weil es ist auch noch wichtig zu unterscheiden, weil wir unterscheiden zwischen Konsum und dann in weiterer Folge einer möglichen Suchterkrankung. Ja, das ist ein Unterschied. Es ist nicht jeder Mensch, der etwas konsumiert, suchterkrankt. Das muss man auch dazu sagen. Es gibt Menschen, die haben, so wie wir es kennen, vom Rauchen oder vom Trinken – Es gibt Menschen, die rauchen zum Beispiel immer nur dann, wenn sie in bestimmten Situationen sind und sonst rauchen sie nicht. Oder es gibt Menschen, die konsumieren bestimmte Substanzen nur, wenn sie in ganz bestimmten Settings sind.

00:15:33: Ewald: Das heißt nicht, dass sie deswegen suchtkrank sind, sondern sie konsumieren. Die Frage, die sich stellt, ist: Wann wird ein Konsum zur Suchterkrankung? Und das ist sehr individuell. Da gibt es gewisse Parameter, die man sich anschauen muss und das muss man, das ist definiert, und das ist dann auch notwendig, sich Hilfe zu holen. Hilfe ist immer gut, sich zu holen, aber spätestens dann ist es notwendig, sich Hilfe zu holen.

00:15:52: Viki: Was mich interessieren wird, kann man vielleicht zusammenfassen: Was sind so Motive von Leuten, die zu euch zum Drug Checking kommen? Weil in meinen Kopf passt nicht so ganz zusammen und für mich ist so das Bild von Personen, die illegale Substanzen konsumieren, irgendwie oft das okay irgendwie man ist, und man möchte irgendwie einen Kontrollverlust, und man ist auf der Party und nimmt dann halt irgendwas. Und ich denk mir so, dieses Konzept von ich lass das paar Tage vorher abchecken und dann bin ich irgendwie safe und dann konsumiere ich das bewusst. Also ist es voll cool. Aber irgendwie ist es so ein bisschen Widerspruch zu dem, was ich so im Kopf hab. Von einer Person, die vielleicht konsumiert. Kann man da irgendwie sagen, sind es Personen, die irgendwie das erste Mal konsumieren und dann besonders sichergehen wollen. Oder die vielleicht schon schlechte Erfahrungen gemacht haben und dann zu euch kommen. Oder ist das ist ganz unterschiedlich.

00:16:39: Katharina: Also die Personen, die zu uns kommen und das Drug Checking nutzen, das ist, die haben ganz verschiedene Motive und ich kann mir gut vorstellen, dass man am Anfang sich nicht vorstellen kann, dass da jemand Tage vorher schon zu uns kommt und dann noch das Ergebnis abwartet. Aber tatsächlich ist es eine sehr große Gruppe von Personen, die zu uns kommen, weil, wie schon der Ewald gesagt hat, nicht jeder Mensch, der konsumiert, konsumiert sehr regelmäßig.

00:17:02: Katharina: Natürlich kommen auch Personen, die vielleicht schon etwas konsumiert haben und unangenehme Erfahrungen gemacht haben und dann herausfinden möchten, womit hängt das zusammen? Und da ist auch wieder das Beratungsgespräch natürlich sehr wichtig, weil dann, es kann sein, dass das Analyseergebnis jetzt nicht unbedingt darauf schließen lässt, warum es einer Person sehr schlecht gegangen ist am Wochenende. Und dann kann man sich gemeinsam darüber unterhalten, was war denn vielleicht anders? Ist etwas zusätzlich dazu konsumiert worden? War man vielleicht irgendwo, wo man sich nicht wohlgefühlt hat? War man alleine unterwegs? Also da gibt es sehr viele Faktoren, die man dann gemeinsam erarbeiten kann. Woran das denn gelegen hat, dass es vielleicht dieses eine Mal anders war als die vielen Male davor.

00:17:51: Moritz: Du hast jetzt gerade angesprochen vor, wenn man vielleicht was dazu konsumiert hat, dann spricht man ja von Mischkonsum. Wenn man verschiedene Substanzen konsumiert, also gleichzeitig. Was ist denn das Risiko beim Mischkonsum?

00:17:53: Katharina: Also Risiken hat der Mischkonsum sehr viele. Es ist auf jeden Fall immer ein höheres Risiko, als wenn man eine Substanz alleine konsumiert. Man muss sich vorstellen, wenn man eine Substanz konsumiert, passiert extrem viel im Körper. Also die Substanz wird verarbeitet, es werden Botenstoffe ausgeschüttet, der ganze Körper arbeitet, das Gehirn arbeitet. Zusätzlich muss ja die Substanz auch wieder abgebaut werden. Das heißt, auch der Abbau braucht verschiedene Botenstoffe. Und da tut sich ganz, ganz viel. Das heißt, alleine eine einzelne Substanz bringt schon mal den ganzen Körper und auch die Psyche, lässt sie sehr viel arbeiten. Und wenn man dann eine zweite Substanz dazu konsumiert und vielleicht gewisse Botenstoffe sind jetzt dann auf einmal schon mehr da, die bräuchte man aber eigentlich woanders, dann vermischt sich das alles miteinander und es beeinflusst sich auch gegenseitig und das verändert die Wirkung.

00:18:36: Katharina: Ich sage deswegen auch nur verändern. Man kann nie sagen, dass es die eine Wirkung von der einen Substanz und ist. Man hat die eine Wirkung von der einen Substanz und dann zusätzlich die andere Wirkung von der anderen Substanz, sondern die beeinflussen sich, die können sich gegenseitig verstärken, die können sich gegenseitig abschwächen oder es kann auch überhaupt eine komplett neue Wirkung entstehen, mit dem man überhaupt nicht gerechnet hat.

00:18:56: Katharina: Also das kann, um ein Beispiel zu nennen, wenn man jetzt MDMA konsumiert hat und danach vielleicht später Cannabis raucht, weil man sich gerne wieder beruhigen möchte oder irgendeine beruhigende Substanz haben möchte, dann kann das, heißt das nicht unbedingt, dass man die MDMA Wirkung hat und danach die beruhigende Wirkung, sondern dass auf einmal vielleicht ganz andere Wirkungen hervortreten und man Halluzinationen hat oder die Psyche zum Beispiel sehr stark belastet in Wirklichkeit. Es ist auf jeden Fall ein höheres Risiko. Und was auch noch wichtig zu bedenken ist, auch wenn man die Wirkung vielleicht selber nicht mehr spürt, arbeitet der Körper auch noch. Auch dann beeinflusst sich das alles gegenseitig. Und gewisse Substanzen haben halt ein besonders hohes Risiko, weil halt die Lebensgefahr auch sehr hoch ist. Das ist besonders bei sogenannten Downern, also alle Substanzen, die irgendwie beruhigend auf den Körper wirken.

00:19:42: Katharina: Da haben wir eine große Gefahr einer Atemlähmung. Also die Atmung verlangsamt sich einfach sehr stark. Man kann zu einem Atemstillstand kommen und man kann auch tatsächlich daran versterben. Bei Substanzen, die eher aufputschend wirken. Da haben wir eine sehr hohe Belastung für das Herz-Kreislauf-System, was natürlich zu Herzinfarkten, Herzrhythmusstörungen usw. führen kann. Besonders auch bei regelmäßigem Konsum. Genau.

00:20:09: Moritz: Gibt es in Wien gerade Trends, welche Substanzen gerade so in sind und viel konsumiert werden? Kann man da irgendeine Aussage treffen?

00:20:11: Ewald: Was wir immer noch haben, und wenn wir uns anschauen, die Anzahl der analysierten Proben bei checkit! ist sicher Kokain einander meisten Substanzen, die konsumiert werden. Der Hintergrund ist sicher der, dass der Markt in Wien, der Schwarzmarkt, was Kokain betrifft, irgendwie ein offensichtlich gut funktionierender ist. Das heißt, dass die, die das verkaufen, sehr gut organisiert sind.

00:20:29: Ewald: Der Preis ist auch einer, der, wenn man europaweit anschaut, ein relativ durchschnittlicher, eher unterdurchschnittlicher Preis ist. Mit Kokain. Das hat dann immer wieder Konsequenzen auf andere Substanzen, nämlich auf andere Substanzen. Einen Kontext gibt es zum Beispiel auch mit Kokain und Mephedron, geht der Preis beim Kokain hinauf, dann wird mehr wieder von den anderen, also Mephedron etc., konsumiert, weil das immer billig ist. Insgesamt haben wir in Wien und das muss man dazu sagen, eine sehr geringe Heroin-, nämlich eigentlich gar keine Heroinproblematik.Warum? Weil wir in Wien Menschen, die in einer Opiatproblematik haben, in erster Linie gut substituieren. Und zwar mit solchen Substanzen, nämlich retardierten Morphinen substituieren, die die Betroffenen sehr gut annehmen. Und jetzt werden diese retardierten Morphine aber, wie wir wissen, nicht nur ganz ordnungsgemäß einfach dann so eingenommen, nämlich als Tablette, so wie das der Arzt verschreibt, sondern die sollen dann auch, so wie man hört, irgendwie, möglicherweise, irgendwie nicht oral eingenommen werden, sondern intravenös konsumiert werden.

00:21:23: Ewald: Auch das verhindert aber und deswegen sage ich es, es verhindert, dass Heroin auf den Markt kommt oder viel Heroin auf den Markt kommt. Das ist ein ganz großer Unterschied von Wien im Vergleich zu anderen Großstädten in Europa wie Hamburg oder Berlin. Und was wir auch wenig haben in Wien, also nicht sehr ausgeprägt ist Crack. Also das ist auch was, das verändert einfach die Szene extrem, weil das die Geschwindigkeit so hinauftreibt, dass es in der Szene plötzlich ganz was anderes ist.

00:21:51: Ewald: Ich war letzten Herbst in Hamburg und habe mir dort angeschaut, wie dort die Szene ausschaut und wie das ist. Und du merkst einfach, dass dort ein viel größerer Konsumdruck ist, dass das alles viel schneller gehen muss, dass die Menschen, die natürlich auch alle viel schlechter wohnversorgt sind, als bei uns in Wien, dass es denen auch körperlich viel schlechter geht, das sieht man alles und das ist dann immer Substanz,da ist dann schon die Substanz auch ausschlaggebend davon, wie sich das entwickelt. Vielleicht ein neuer Trend, weil, das werde ich jetzt permanent gefragt in Interviews: Wie schaut das aus mit synthetischen Opioiden, also Fentanyl etcetera etc. Das sind, synthetische Opioide, sind einfach chemisch hergestellte, nicht aus der Mohnpflanze gewonnene Opioide. Da ist es so, da gibt es einen ganz großen Trend in den Vereinigten Staaten.

00:22:30: Ewald: Das ist die sogenannte Opioidkrise. Warum ist es dort so? Das hat den Hintergrund gehabt, das zu Beginn sehr viel Opiate von Ärzten verschrieben worden sind. Und warum? Weil sie sehr billig sind. Das hat, das sieht man wieder, wenn ein Gesundheitssystem nicht funktioniert oder nicht solidarisch funktioniert, dann bedeutet das natürlich auch, dass damit Dinge einfach kaschiert werden. Menschen sind zum Arzt gegangen, in den Vereinigten Staaten, und haben gesagt, ich habe ein Problem. Und dann, statt dass das Problem behandelt worden ist, weil das sehr teuer gewesen wäre, hat man einfach Schmerzmittel verschrieben. Und diese Schmerzmittel waren oft im Zusammenhang mit Opiaten. Und aus dem hat sich dann heraus entwickelt, dass plötzlich viele Menschen doch eine massive Opiatabhängigkeit entwickelt haben. Und aus dem hat sich dann ein eigener Schwarzmarkt entwickelt, weil der immer schwieriger zu decken warhat man synthetische Opioide wie Fentanyl etc. auch produziert und hat die auf den Markt gebracht. In Wien haben wir diese Thematik momentan nicht. Ob das dauerhaft so bleibt, weiß man nicht. Das muss man immer wieder beobachten.

00:23:21: Moritz: Andere verschreibungspflichtige Medikamente, die ja oft so im Freizeit Setting konsumiert werden, sind Benzodiazepine. Wie ist es damit hin?

00:23:35: Ewald: Und das zweite ist, wenn man so eine Arbeitsgruppe eingesetzt, um einmal überhaupt an Daten heranzukommen wie viel Benzodiazepine werden denn in Österreich überhaupt verschrieben? Weil das wissen wir nicht, das weiß niemand in Österreich bis jetzt. Jetzt muss man das noch mal machen.

00:24:55: Katharina: Also wir haben es in den Beratungen noch wenig. Wir sehen es hin und wieder, wenn wir im Outreach Bereich unterwegs sind. Also halt, wenn wir im öffentlichen Raum unterwegs sind, bekommt man es manchmal in Gesprächen mit Jugendlichen und jungen Erwachsenen mit. Und wir sind da jetzt auch gerade über den Sommer im Austausch mit anderen Streetwork-Einrichtungen und werden da auch uns auch einmal ein Bild davon machen, wie das denn jetzt aktuell ausschaut. Was man bei uns auf jeden Fall machen kann, also abgesehen davon, dass man natürlich gerne Beratung nutzen kann zum Thema Benzodiazepine oder auch Konsum, ist, dass man sie bei uns analysieren lassen kann. Also sollten die Substanzen nicht verschrieben sein, sondern vielleicht am Schwarzmarkt erworben sein, kann man die bei uns analysieren lassen, was denn da überhaupt drinnen ist. Und das würde ich jeder Person empfehlen, die am Schwarzmarkt – also ich würde natürlich ein Drugchecking jeder Person empfehlen die was am Schwarzmarkt kauft -aber auch bei Benzodiazeinen haben wir nämlich die Beobachtung gemacht, dass in keiner unserer Proben tatsächlich der Wirkstoff drinnen ist, den man eigentlich erwartet. Das sind dann oft andere. Also Benzodiazepin ist eine große Gruppe mit verschiedensten Wirkstoffen und das sind dann oft Wirkstoffe, die wesentlich stärker wirken als das, was man eigentlich erwartet und dementsprechend niedriger dosieren müsste, um dieselbe Wirkung zu haben. Bzw. man sich halt viel leichter auch überdosieren kann. Wie gesagt, auch schon, besonders im Mischkonsum mit anderen Substanzen, die dann noch einmal sehr riskant sind.

00:26:17: Viki: Gibt es noch irgendwelche anderen Trends, gerade bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen?

00:26:21: Katharina: Also wenn man sich Zahlen anschaut, ist der Substanzkonsum an sich relativ stabil. Über die letzten Jahre. Es gibt jetzt nicht eine große Krise oder einen riesengroßen Anstieg an Personen, die jetzt viel mehr illegalisierte Substanzen konsumieren. Das, was immer noch auf Platz eins bei den illegalisierten Substanzen ist, ist Cannabis. Das ist die Substanz, die am meisten konsumiert wird. Genau. Wenn man bei uns in der Beratung die Substanzen sich anschaut, die so Thema sind, dann ist es bei jüngeren Leuten vielleicht noch eher MDMA oder Ecstasy, während Kokain ist eher in späteren Jahren dazukommt. Das sieht man so ein bisschen Trends und ansonsten ist es glaube ich, sehr… also man kann es nicht von großen Trends sprechen, aber je nachdem, in welcher Szene man unterwegs ist, gibt es einfach unterschiedliche Konsumtrends, wo gewisse Substanzen vielleicht mehr oder weniger konsumiert werden.

00:27:09: Katharina: Aber das ist schon seit sehr vielen Jahrzehnten so, dass gewisse Szenen gewisse Substanzen, je nachdem, welche Wirkung man denn auch gerne hätte, mehr oder weniger Thema sind.

00:27:20: Ewald: Was wir schon merken ist, dass es bei bestimmten Zielgruppen und innerhalb der Zielgruppen wieder, je nachdem wo man unterwegs ist, doch plötzlich seit 2020 immer wieder Gruppen gibt, die ganz eskalierend konsumieren.

00:27:32: Ewald: Und da ist es dann völlig egal, welche Substanz das ist. Das ist dann egal, ob das furchtbar viel Alkohol ist oder ob das dann furchtbar viel in Kombination mit anderen Substanzen ist.Es wird erstens viel und möglichst gleichzeitig und möglichst viel gleichzeitig konsumiert, in ganz bestimmten Gruppen. Und das macht natürlich ein sehr großes Risiko, wie wir vorher beschrieben haben.

00:27:51: Ewald: Je höher das Einkommen der Eltern, desto später auch der Alkoholkonsum in der exzessiven Form. Je geringer das Einkommen, desto früher der Alkoholkonsum. Auch übrigens der Nikotin-, also sprich das Rauchen und je, je exzessiver dann auch. Das hat natürlich auch was damit zu tun, wie sind die Familiensystem im Hintergrund? Weil ja oft wird Alkohol und andere Substanzen ja eher dafür genommen, um eine Problemlage, um sich aus der Problemlage raus zu kicken, in welcher Form auch immer. Und das muss man sich halt ja genau anschauen und da muss man sehr genau hinschauen.

00:28:52: Viki: Kann man da generell irgendwas drüber sagen, wie psychische Erkrankungen mit Konsum zusammenhängen? Also ist es irgendwie so, dass Leute eher konsumieren, denen es eh schon nicht so gut geht und die irgendwie schon psychische Erkrankungen haben. Oder eher andersrum, dass man verstärkt psychische Erkrankungen bekommt, weil man viel konsumiert – oder es ist das auch beides. Wie ist da so eure Erfahrung?

00:29:14: Ewald: Das muss noch nicht eine psychische Erkrankung sein, da reicht schon eine psychische Belastung aus. Und was wir schon noch sehen, dass es oft sehr viel, so eine Form der Selbsttherapie ist, sei es Alkohol, sei es Cannabis oder sei es eben auch Benzodiazepine. Wenn einfach ein dauerhafter Zustand ist, der sehr mit Angst behaftet ist, ja und der das das aus dem Haus gehen nicht mehr ermöglicht oder der dann plötzliche Angstattacken bewirkt. Dann ist es halt leichter, wenn man in einer Peergroup ist, wo grad zufällig jemand Benzodiazepine selbst verschrieben bekommen hat, dass man die dann einfach, das man sagt und das ist oft gut gemeint, ja: Na schau, ich habe das bekommen, mir hat das geholfen, nimm du das auch, weil das hilft dann auch gegen deine Angst. Das ist keine gute Idee. Und so hat jede Substanz dann auch ihre Eigenheiten wieder in der Auswirkung auf die Psyche und daher auch eben schon noch anzunehmen, dass das Substanzen auch psychische Erkrankungen induzieren, wenn man das so sagen kann.

00:30:20: Katharina: Also die Möglichkeit besteht auf jeden Fall, das dann noch durch den Konsum, durch die erhöhte psychische Belastung, sich dann auch Erkrankungen, dass das einfach zu einer erhöhten psychischen Belastung führt. Was ich aber noch ergänzen will ist, dass es aber durchaus viele Personen gibt, die keine psychische Erkrankung im Hintergrund haben, sondern aufgrund von anderen Anlässen konsumieren oder mit anderen Konsummotiven konsumieren.

00:30:43: Katharina: Und jetzt nicht nur zur Selbstmedikation, aber die gehen auch. Die Selbstmedikation ist halt das, was ja risikoreich ist und wo man schnell in eine Abhängigkeit rutschen kann, weil es schnell vielleicht zu Erfolgen führt und die Symptome mindert, sollte man dann in Abhängigkeit entwickeln, dann natürlich einfach nur noch mehr Problemlagen dazukommen.

00:31:00: Moritz: Jetzt haben wir über super viele Sachen geredet. Könnt ihr mir beide vielleicht abschließend sagen, welche wichtigen, wichtigsten Informationen sollen sich unsere Zuhörer*innen von dieser Folge mitnehmen? Vielleicht so beide in zwei, drei Sätzen.

00:31:17: Katharina: Was mir wichtig ist, ist, dass die Personen wissen, dass es checkit! gibt, dass man zu uns kommen kann, dass man sich bei uns informieren kann und dass man die Substanzen analysieren lassen kann. Und, das alles anonym und vertraulich. Was mir auch wichtig ist zu sagen ist, dass man, wenn man sich dazu entschließt zu konsumieren, sich darüber informiert: Wie kann man es denn machen, so dass möglichst wenig schief gehen kann? Also die meisten Menschen möchten ja auch, dass es ein schönes Erlebnis wird und das kann man einfach. Da kann man auch gut eingreifen und sich darauf vorbereiten und auch, dass man gut auf einander aufpasst, dass man, wenn man in einer Gruppe unterwegs ist und es geht jemandem nicht gut, dass man da agiert und die Person nicht alleine lässt.

00:31:56: Ewald: Wichtig mitzunehmen ist aus meiner Perspektive: Entscheidend ist nicht, ob man jetzt konsumiert oder nicht konsumiert. Wenn man sich also wenn man sich einmal entschieden hat, dafür zu konsumieren, dann ist es nur die Frage, wie risikoreich konsumiert man und wie viel Risikokompetenz hat man im Umgang mit Substanzen? Das gilt für Alkohol, für Zigaretten, für illegale Substanzen. Das ist immer gleich, das ist immer dasselbe.

00:32:17: Ewald: Und wie schon gesagt, es ist wichtig, am besten, wenn man illegale Substanzen konsumieren möchte, dass man die im Vorhinein zum Beispiel analysieren lässt, damit man eben viele Dinge schon ausschließen kann. Und auch entscheidend ist, dass wenn man was konsumiert, und da ist es wieder unerheblich, ob es Alkohol, Nikotin oder illegale Substanzen sind, dass man das möglichst in einem Setting tut, wo man nicht alleine ist, wo möglichst andere Leute da sind, die einem helfen können oder Hilfe holen können. Das sind alles Dinge, die sollte man bedenken.

00:32:46: Ewald: Das hat sich auch entwickelt, ein bisschen, oder, das hat sich verändert. Checkit! ist in den Neunzigerjahren entwickelt worden, weil es damals große Veranstaltung und große Partys gegeben hat, wo viel konsumiert worden ist und Substanzen, die man nicht kannte. Und dann sind viele Menschen gestorben, und aus dem heraus hat man das dann entwickelt und gesagt okay, auf einer Veranstaltung gibt es innerhalb von einer Stunde circa ein Ergebnis, dass man weiß, was kommt.

00:33:08: Ewald: Was ist da drinnen, Was ich da jetzt konsumieren möchte, das hat sich verändert. Jetzt sind viele Menschen, also so Großveranstaltungen gibt schon noch, aber jetzt weit nicht mehr in der Intensität und in der Regelmäßigkeit, wie das früher war. Es hat sich der Konsum aber daher auch eher auf Kleinveranstaltungen, Kleinevents verschoben und eben auch in den privaten Bereich. Und das schließt ein bisschen an jetzt zu meinen Schlussworten: Wenn man was konsumiert, dann bitte so konsumieren, dass da andere Leute dabei sind, die Hilfe holen können und die eben auch in der Lage sind, das zu tun und sich nicht schämen. Und wichtig ist immer Hilfe zu holen. Es gibt kein Schämen, man braucht sich nicht zu schämen, sondern man soll sich entweder selber Hilfe holen oder wenn das nicht mehr möglich ist, dass jemand andere für einen Hilfe holt.

00:33:55: Alexandra: Es rauscht weiter, hör‘ in die nächste Folge rein und besuchen uns gerne auf Instagram @_rauschzeit_ oder @darüberredenwir. Reden hilft: In Wien ist die Sorgenhotline Wien für jede Art von Sorgen zwischen 8:00 und 20:00 Uhr erreichbar, notiert dir die Nummer: 01/4000-53000.

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